Es war ein regnerischer Morgen in Puipui. Krauzibauz war gerade im Wald unterwegs. Plötzlich hörte er hinter einem Busch ein Fiepsen.
„Fiiii, fiii, fiiiii.“
„Was war das?“, wunderte er sich.
Er ging zu dem Busch hin. Der Busch hatte sehr viel Laub. Man konnte nichts sehen. Er ging näher hin und schaute hinter die Zweige. Unter dem Busch lag ein Wildschweinkind. Es sah Krauzibauz sehr erschrocken an. Es kannte ihn wohl nicht.
Der Frischling[1] war verletzt. Er blutete am vorderen rechten Bein. Krauzibauz hockte sich langsam hin. Er sagte ganz freundlich: „Grüß dich. Ich kann dir helfen. Ich bin Tierarzt. Ich heiße Krauzibauz.“
Der Frischling spürte, dass Krauzibauz lieb war. Er ließ sich die Wunde verbinden. Dann brachte ihn Krauzibauz in seine Praxis. „Jetzt suchen wir deine Mutter“, sagte Krauzibauz.
Er ging zu seinem Arbeitstisch. Dort war seine Glaskugel. Er sprach: „Zim, zam, zutter, wo ist die Wildschweinmutter?“
Die Kugel leuchtete kurz rot auf. Dann war das Licht wieder weg. Kurz darauf leuchtete sie wieder gelb, blau, gelb, rot, grün und blau. Dann ging sie wieder aus und schnell wieder an. Jetzt zeigte die Kugel, was geschehen war.
Man sah das Wildschweinkind mit seiner Mutter. Sie liefen langsam durch den Wald. Aber Frinzefranz hatte sie gesehen. Er war ihnen gefolgt. „Fiiiii!“, fiepste das Wildschweinkind ganz laut. Es hatte erkannt, was geschehen war. Es versteckte sich hinter Krauzibauz. Es zitterte vor Angst.
Die Glaskugel zeigte noch mehr. Frinzefranz war jetzt in der Nähe des Frischlings. Er wollte ihn fangen.
Das hatte seine Mutter sehr zornig gemacht. Kraftvoll war sie losgerannt und hatte Frinzefranz mit voller Wucht von ihrem Kleinen weggestoßen.
Hart, sehr hart war Frinzefranz auf seinem Hintern gelandet, genau auf einem Stein. „Auu! Arhhh! Du blödes Wildschwein, dir werde ich es noch zeigen“, hatte er die Bache[2] angebrüllt. Aber sie war viel stärker als Frinzefranz. Sie hatte gegrunzt und ihren starken Kopf gesenkt. Und dann war sie wie eine Dampflokomotive auf Frinzefranz losgerannt.
„Aahh, Hilfe, Hilfe, aaahhhh“, schreiend war Frinzefranz weggerannt. Er hatte Angst vor der zornigen Mutter. Und wie er gerannt war. Die Bache war Frinzefranz gefolgt. Sie wollte ihn wegjagen.
Da war sie ausgerutscht. Sie war in einen Spalt gefallen. Sie wollte wieder raus. Aber es war zu steil. Deshalb konnte sie nicht zurück zum Frischling.
Die Glaskugel zeigte auch, wo dieser Felsspalt war. „Hah! Na, kleines Wildschwein, schau, deiner Mutter geht es gut! Jetzt hole ich sie wieder!“ Der kleine Frischling fiepste und rannte vor Freude im Kreis.
„Pass auf“, sagte er zum Frischling, „jetzt frage ich eine liebe Freundin von mir, ob sie auf dich schaut.“ „Fieps?“, der Frischling wusste nicht recht. „Sie ist wirklich lieb“, beruhigte ihn Krauzibauz.
Er nahm sein Hörstmichhorn und sprach: „Reperesal, hast du Zeit?“ „Hallo Krauzibauz, was geht?“, antwortete Sie.
„Hättest du Zeit, einen lieben Frischling zu kindsen?“ „Ja, das mache ich gerne, ich komme hinüber.“ „Das ist sehr nett, danke Reperesal.“
Als Reperesal ins Haus von Krauzibauz kam, fühlte sich der Frischling sofort wohl. „Die sieht aber herzlich aus“, dachte er sich. Krauzibauz bedankte sich wieder bei ihr. Jetzt war es aber Zeit, die Bache zu holen.
Er rief: „Zim, zam, zache, Schnellschuhe eilt zur Bache!“ Schnell wie der Wind rannte er zum Spalt, in den die Bache gefallen war.
Er lehnte sich nach vorne und rief hinunter: „Mach dir keine Sorgen, ich bin’s, Krauzibauz. Dein Kind ist in meiner Praxis. Es geht ihm gut und es ist gut aufgehoben“.
„Ich danke dir, lieber Krauzibauz!“, rief die Bache hinauf. „Ich war so in Sorge. Ich habe es nicht geschafft, wieder hinauf zu klettern.“ Sie war erleichtert.
Krauzibauz holte ein Seil aus seinem Beutel und warf ein Ende hinunter in den Felsspalt. Die Bache hielt sich mit den Zähnen daran fest. Dann zog sie Krauzibauz aus dem Felsspalt wieder heraus.
„Erschrick jetzt bitte nicht. Ich werde dich jetzt schnell zu deinem Frischling tragen“, erklärte Krauzibauz der Bache. „Aber lieber Krauzibauz. Ich bin ein großes Wildschwein, während du ein kleiner Zwerg bist. Wie willst du mich denn tragen?“, wunderte sie sich.
Krauzibauz sprach aber mit sanfter Stimme einen Zauberspruch: „Ziem, zehm, zeutel, groß wird klein in meinem Beutel!“ Und die Bache wurde ganz klein und Krauzibauz legte sie in seinen Beutel.
Und schon sauste er schnell wie der Wind zurück in seine Praxis. Endlich war die Mutter wieder bei ihrem Kind. Wie sehr sich die beiden freuten.
„Ich danke dir von ganzem Herzen, lieber Krauzibauz“, verabschiedete sich die Wildschweinmutter und kehrte mit ihrem kleinen in den Wald Puipui zurück. „Kommt gut nach Hause ihr lieben Wildschweine“, rief ihnen Krauzibauz nach, „wir sehen uns!“
Das war die Geschichte von Krauzibauz und dem Wildschweinkind, das seine Mutter verloren und sich an einem Bein verletzt hatte.
[1] Frischling, so nennt man ein Wildschweinkind.
[2] Bache, so nennt man weibliche Wildschweine.