Der Zwergentierarzt

Fantasiereiche Geschichten zum Vorlesen und zum Schlafengehen

Grippewelle in Puipui

Es war tiefster Winter. Es war ein sehr besonderer Tag im Zwergendorf Puipui. Viele Leute in Puipui machten sich Sorgen. Im Dorf und auch im Wald waren viele krank. Sie hatten die Grippe. Einige hatte es leider stark erwischt.

Von überall her hörte man es nur mehr niesen und husten. Viele Kinder hatten hohes Fieber und mussten sich ständig schnäuzen. Nicht nur Kinder hatte es erwischt. Auch viele Erwachsene lagen krank im Bett. Und auch viele Waldtiere waren stockkrank.

Krauzibauz hatte alle Hände voll zu tun. Zum Glück hatte er Freunde, auf die er sich verlassen konnte und die ihm halfen.

Reperesal half ihm, die Tiere zu versorgen und zu verarzten. Auch Mirolai, Scherzi und Burli sowie Königin Scherla halfen, wo auch immer sie konnten.

Scherla brachte auch einige ihrer Soldaten mit. Diese kochten für die Kranken. Sie machten die Wäsche und teilten Medikamente aus.

Viele Tiere hatten zu kalt. Die Krankheit hatte sie geschwächt. Sie brauchten einen warmen Ort. Für sie stellten die Soldaten am Waldrand Zelte auf.

Es wehte aber ein eisiger Wind und in diesen Zelten war es leider sehr kalt. „Wir müssen sie aufwärmen“, sagte Scherla. Sie zauberte aus roten Lichtfäden Heizlampen und brachte sie in die Zelte. Sie wärmten die Zelte wirklich gut. Sie machten auch ein angenehmes Licht in den Zelten. Die kranken Tiere mussten nicht mehr frieren.

Mirolai kümmerte sich um die kleinen Füchse. Sie waren besonders stark erkrankt. Sie mussten so viel rotzen, dass sie im eigenen Rotz schwammen. Die Fähe[1] war verzweifelt.

Mirolai zauberte ein Schlauchboot her. Da legten er und die Fähe die Fuchswelpen hinein. Dann zog Mirolai das Schlauchboot aus dem Bau.

Die Fuchsmutter war jetzt sehr erleichtert. Aber der Fuchsbau war noch voller Rotz. Es sah aus wie in einem unterirdischen See.

Also sprach Mirolai noch einen Zauber. „Zim, zum, zauga, wir haben einen Rotzsauger!“ Aus dem Nichts erschien im Fuchsbau ein Abfluss. Dieser saugte den ganzen Rotz weg und verschwand dann wieder.

„Wow“, staunte die Fuchsmutter, „das ist ja praktisch! Wo ist denn der ganze Rotz jetzt hin?“

Mirolai war ganz gelassen. „Ach keine Sorge, ich habe ihn entsorgt.“

„Ach, das ist aber toll, vielen Dank, lieber Mirolai“, freute es die Fuchsmutter.

Derweil ging es am nördlichen Waldrand eher laut zu: „Ah! Verflixt! Was ist denn hier los?“, brüllte Frinzefranz in seiner Hütte umher.

Die Tiere im Umkreis der Hütte wunderten sich. „Warum brüllt der Frinzefranz so?“

Sie wussten es nicht. Aber Scherzi hatte es gesehen. Er musste laut lachen. „Du“, sagte er zu Mirolai, „dieser Streich hätte glatt von mir stammen können.“

„Ja, ja, weißt eh, Scherzi. Man muss manchmal kreativ sein“, antwortete Mirolai verschmitzt. Das andere Ende vom Rotzsauger reichte nämlich bis zur Holzhütte von Frinzefranz und hatte dort den ganzen Rotz der Fuchskinder entsorgt.

„Ha, ha, ha“, lachte Scherzi von ganzem Herzen. Die kleine Märri hatte das beim Vorbeigehen gehört. Sie musste sich vor lauter Lachen den Bauch halten. Jetzt hatten es aber auch die Rehe gehört, da sie auf das laute Lachen aufmerksam geworden waren und auch sie mussten laut lachen: „Ha, ha, ha, ha!“ Und die Ponys hatte es jetzt auch von den Rehen gehört und lachten sich auch krumm: „Whii, whii, whii!“

Aber leider dauerte das Lachen nicht lange. Die meisten Tiere waren noch sehr krank und brauchten Hilfe.

Das traf auch auf die kleinen Spatzen zu, um die sich Reperesal kümmerte. Die Spatzenmutter war in Sorge. „Pfi, pfiu, pifuu, pfiuii! Meine Kinder sind ganz heiß vor lauter Fieber! Wenn es so weiter geht, brennt noch unser Nest ab.“

Das Nest aber brannte nicht ab. Aber der Schnee rund um das Spatzennest schmolz. Es tropfte auf den kleinen Dachs hinunter, der dadurch ganz nass wurde.

Die Dachsmutter machte sich Sorgen. „Oh weh, mein Kleiner ist ganz nass geworden. Er ist ja jetzt schon krank. Ich muss ihn schnell zu den Zelten am Waldrand bringen.“

Zum Glück waren Scherzi und Burli in der Nähe. „Keine Sorgen, liebe Dachsmami, wir helfen dir“, sagte Burli. Scherzi machte einen Zauber. „Zim, zam, zön, Burli hält ’nen Föhn!“

Aus dem Nichts viel Burli ein Föhn in die Hände. Sofort begann er den nassen kleinen Dachs zu föhnen. Bald darauf war sein Pelz wieder trocken. Die Dachsmutter war beruhigt und dankbar.

Einige Tiere wunderten sich: „Hä? Wo hast du den elektrischen Strom her?“ Scherzi lächelte. „Ihr braucht euch doch nicht zu wundern. Ihr wisst, ich bin ein Zauberer!“

Auch Krauzibauz war ständig im Einsatz. Die Wolfswelpen hatten einen ganz starken Husten. Sie husteten so stark, dass sie jedes Mal gegen die Decke geschleudert wurden. Die Wolfseltern hatten Angst, dass sie ihren Kopf anschlagen.

Krauzibauz nahm ein Seil aus seinem Beutel. Er machte damit die Welpen an einer Wurzel fest. „Wir brauchen das nur, bis der Husten nachlässt“, beruhigte er die Wölfe. Dann erklärte er den Wolfseltern, dass er den Welpen einen Hustensaft geben würde.

Aber die Wolfswelpen wollten das nicht. Sie hassten Hustensaft. Sie wollten nichts davon wissen. Sie ließen sich gerade noch überreden, kurz daran zu riechen. Er roch aber so grauenhaft, dass sie davon auf keinen Fall auch nur einen einzigen kleinen Schluck machen wollten.

Da ärgerte sich die Wolfsmutter mit den Welpen: „Ihr seht ja selbst, wie stark ihr hustet. Ihr müsst jetzt den Hustensaft trinken!“

„Aber der schmeckt so eklig nach Erdbeere“. Die Wolfswelpen stellten sich stur.

„Ja, das ist eine Medizin, die ist halt nicht gemacht, um gut zu schmecken, sondern um euch zu heilen!“

„Wir möchten aber einen Hustensaft, der nach rohem Fleisch schmeckt. Wir mögen Erdbeeren nicht.“ Die Welpen jammerten und es war kein Ende in Sicht.

Also ließ sich Krauzibauz einen Zauber einfallen. „Zum, zam, zitzel, euer Hustensaft schmeckt jetzt nach Schnitzel!“

Jetzt schmeckte der Hustensaft den kleinen Wölflein. Jedes trank zwei Schüsseln davon bis zum letzten Tropfen aus. Bald ging es den kleinen Wölflein besser und sie konnten endlich wieder losgebunden werden. Müde legten sie sich in ihre Bettchen. Ihre Wolfsmami legte sich zu ihnen, um zu kuscheln.

Krauzibauz aber musste sofort weiter. Denn der große Braunbär war kurz davor zu niesen. Man hörte es schon durch den Wald hallen: „Ha, ha, ha, ha, ha“. Im Umkreis von 100 Metern rund um den Bären suchten alle Kleintiere das Weite. Sie fürchteten sich schon vor dem „Tschiiii!“. Sie hatten Angst, dass Bäume umfallen und dass der Waldboden beben würde.

Zum Glück eilte Krauzibauz mit seinen Schnellschuhen daher und sprach: „Ziem, zam, zinsel, du und ich auf eine Insel!“

Gerade noch rechtzeitig zauberte er sich und den Bären auf eine Insel in der Südsee. Auf einer unbewohnten Insel konnte er so fest niesen, wie er wollte. Dort würde der Bär etwas Urlaub machen und seinen Schnupfen ausheilen.

Der Bär freute sich sehr darüber, denn er hatte sich schon lange einen Südseeurlaub gewünscht. Krauzibauz hinterließ ihm eine noch ein Hörstmichhorn: „Sprich hier einfach rein, wenn du etwas brauchst oder wenn du wieder gesund bist. Ich höre dich und kann zu dir kommen oder dich wieder zurück nach Puipui bringen, lieber Bär. Sei etwas geduldig, ein Schnupfen braucht ein paar Tage, um auszuheilen.“ Dann kehrte Krauzibauz zurück nach Puipui.

Langsam war es den Zauberern von Puipui gelungen, die Grippewelle in den Griff zu bekommen. Den erkrankten Zwergen und Tieren ging es wieder besser.

„Och, das war aber ein anstrengender Tag in diesem verschnupften Puipui“, meinte Mirolai zu den anderen Zauberern. „Hatschi“, nieste Scherla. Und gleich darauf auch Reperesal: „Hatschi!“ Und jetzt musste Scherzi husten, während sich Mirolai schnäuzen musste und Krauzibauz ebenso. „Oh je“, meinte Reperesal verschmitzt, „jetzt hat es uns auch erwischt.“ „Ja“, lachte Scherla, „das ist mit dem Schnupfen halt so, Geduld, Geduld, das geht wieder vorbei.“

Aber jetzt hörte man plötzlich ein Rascheln im Geäst oberhalb der Zauberer. Die Zauberer guckten nach oben und sahen ein Eichhörnchen. Sie erkannten sofort, wer das war. Es war Ulebart, ihr ehemaliger Lehrer.

Dieser sprach: „Liebe Zauberer von Puipui, ihr habt so viel für Puipui gemacht! Jetzt seid ihr an der Reihe, euch zu erholen. Macht ruhig ein paar Tage Urlaub oder geht auf Kur. Ich werde mich derweil um das Dorf und den Wald kümmern.“

Die Zauberer ließen es sich nicht zweimal sagen. Ruckzuck zauberten sie sich auf die Südseeinsel zum Bären, dem es inzwischen wieder viel besser ging. Dort machten sie gemeinsam eine Woche Urlaub. Es war erholsam. Und bärig.


[1] So nennt man bei Füchsen das Weibchen.